Geschafft …

… war vermutlich Adrian Mühlbauer nach seiner 1. Teilnahme an einer württembergischen Jugendmeisterschaft, in der Gruppe „U 10“, und dies gerade einmal ca. 1 1/2 Jahre, nachdem er intensiver mit dem Schachspielen begonnen hat! Und w a s er dabei geschafft

hat!? Nun, „Eingeweihte“ wußten wohl bereits vorher von seiner Teilnahme und haben sie von daher verfolgen können. Weniger Eingeweihte, die dafür aber ab und an einen Blick in ihr Emailpostfach werfen, wurden aufgrund meines Zwischenberichts nach 4 Runden, den ich per Rundmail an daran im Verteiler eingebundene Vereinsmitglieder versandt habe, auf seine Teilnahme aufmerksam und kennen daher womöglich auch den Ausgang für ihn, sofern sie sein Turnier aufmerksam weiter verfolgt haben.
Da es aber auch noch weniger „Eingeweihte“ geben dürfte, beginne ich noch einmal von Anfang an:
In Runde 1 kam er als gesetzter Spieler zu einem recht gefahrlosen Sieg, als nach leicht mißhandelter Eröffnung es sein Gegner verpaßte, eine höchst unangenehme Druckstellung aufzubauen, und stattdessen mit seiner Dame ein Schach gab – auf einem von Adrians Springer kontrollierten Feld … . Der Rest war dann nur noch Formsache für ihn.

In der 2. Runde ging er dann als leichter Außenseiter in die Partie, doch sein Gegner rannte ihm freundlicherweise in die alte Bauernfängertrickvariante im orthodoxen Damengambit, und auch hier realisierte er seinen Vorteil einer Mehrfigur mit einem kleinen einzügigen Wackler souverän.

Dann ging es im neuen Dauerbrennerduell gegen Calvin Wolff vom HSV (also Heilbronner SV 🙂 ) – hier verpaßte es Adrian, mit Vorteil aus der Eröffnung zu kommen, und geriet sogar selbst stark in Nachteil. Irgendwie erlangte er aber (auch unter gütiger Mithilfe seines Gegners) Gegenspiel und nach 43. Zügen sogar ein völlig gewonnenes Turmendspiel mit g+h-(Mehr-)Bauern – welches er entgegen seiner sonstigen Gewohnheit aber leider nicht gewinnen konnte, hier fehlen unserem vor kurzem 10 Jahre alt gewordenen Talent wohl noch einige technische Fertigkeiten … .

So ging es in Runde 4 sehr früh (! – um 8.00 h !!) gegen die Nummer 2 im Turnier (Adrian war an 11 gesetzt) – und wieder wurde die Eröffnung ungenau behandelt. Aber nicht allzu gravierend, und da sein Gegner nichts allzu vernünftiges mit der entstandenen Stellung anzufangen wußte und obendrein zunächst offenbar „vergaß“, seinen ungedeckten Springer gegen den von Adrian abzutauschen (er machte wohl den 2. vor seinem 1. geplanten Zug) und auch noch nicht so recht mit der unterschiedlichen „Qualität“ von Turm zu Leichtfigur (hier: Läufer) vertraut zu sein schien, hatte Adrian bald einen ganzen Turm mehr. Wonach er seinen Gegner wieder mit der gewohnten Sicherheit exekutierte und er zwischenzeitlich bei recht ordentlichen 3,5/4 und Platz 3 bei noch 3 Runden rangierte!

Allerdings wartete mit Ivan Chugunov (Setzlistenplatz 3 (aufgrund einer noch zum Turnierstart noch fehlenden Auswertung – ansonsten 2)) ein weiterer „harter“ Brocken auf Adrian in Runde 5. Hier konnte ich ihn noch ein klein wenig auf diese Begegnung einstellen, und auch im Nachhinein finde ich, ganz gut. Aber natürlich kann man nicht alle Eröffnungszüge des Gegners vorhersehen, vor allen Dingen nicht die schlechten! Und so war Adrian bereits nach dem 3. Zug von Weiß – einer potentiell groben Ungenauigkeit – auf sich allein gestellt. Und schaffte es leider nicht, den präzisesten Zug aufs Brett zu bringen … . Aber auch sein Zug war nicht schlecht, und nach beiderseitiger weiterer ungenauer Eröffnungsbehandlung ergab sich eine recht interessante Mittelspielphase, welche insgesamt gesehen zunächst ausgeglichen verlief. Dann jedoch beging Chugunov einen Fehler …

… indem er hier mit 18.f4? seine Stellung so schwächte, so daß sich Adrian die Möglichkeit bot, Material zu gewinnen und klar in Vorteil zu kommen …

… was er mit 18. … Lf6?! aber leider ausließ – richtige Figur, in die richtige Richtung gezogen, aber … … leider 2 Felder zu kurz (-> 18. … Lh4!)! Danach behandelten beide Seiten diesen strategisch doch leicht anspruchsvollen Stellungstyp wiederholt ungenau bis fehlerhaft, wobei dies für Adrian auch aufgrund des Raumnachteils leider „leichter“ war, und er so in eine strategische Verluststellung geriet. Was vielleicht noch nicht so schlimm gewesen wäre, wenn er nicht noch einen Bauern bei gleichzeitiger Besetzung der 7. Reihe eingestellt hätte … . Danach war die Messe dann schlicht und ergreifend gelesen, hier ist auch sein Gegner bereits viel zu gut.
Womit der Traum (vielleicht auch nur des Trainers!?) vom Titel praktisch ausgeträumt war, und es um „Schadensbegrenzung“ ging … .

In Runde 6 ging es dann wieder gegen einen nominell nur leicht stärkeren Gegner, und wieder einmal wurde die Eröffnung recht unbefriedigend behandelt. So oder so ergab sich für Adrian wieder die Möglichkeit, mindestens klar in Vorteil zu kommen …

… den er aber mit 20.d5? anstelle des nicht ganz trivialen 20.Dc2! verpaßte. Und auch danach war er nicht so recht auf der Höhe …

… denn es ergab sich obige, natürlich völlig bankrotte Stellung (nach 25.Dd2). Ein echter Schlüsselmoment in Adrians Turnier: hätte Schwarz hier nicht alles (!), was er mal über die Eröffnung gelernt haben dürfte, vergessen haben, und kurz rochiert, wäre Adrians Turnier im Erfolgssinne vorbei gewesen. Aber es sollen ja auch schon weitaus stärkere Spieler den Fehler begangen haben, den richtigen Moment für die Rochade zu verpassen, und vielleicht hatte der Schwarze zuletzt zuviel „Pacman“ gespielt, jedenfalls verschlang er in seiner „AlleswasindenWegkommt“-Freßattacke auch noch den kleinen unschuldigen Bauern auf c3 – der ihm natürlich nach 26.Dd7+ gehörig im Halse stecken blieb!
Von „- 6“ auf „# in 20“ in einem Zug – da kann in diesem Fall wohl nicht mehr die Rede davon sein, daß man das Glück nur erzwingen muß … – hier hat Adrian einfach unglaublich Glück gehabt! Aber er nutzt es jetzt auch insgesamt vollends gut, wenn auch etwas weniger Kreativität in den Zügen und etwas mehr saubere technische Verwertung des Vorteils sicher nicht verkehrt gewesen wäre, umso mehr, als die Stellung zwischenzeitlich gar nicht mehr gewonnen war … . Nun ja – dafür sah hier …

… 34.Le6! nicht nur gut aus, sondern war auch gut, und wenig später …

42.Dd8#

… war der Punkt dann ganz sicher!

Womit es mit folgender Ausgangssituation in die Schlußrunde ging: 4 Spieler mit je 5 Punkten an den Brettern 1 + 2, dahinter an Brett 3 Adrian mit 4,5 Punkten gegen einen der Moldovandrillinge (Tatiana (4 Punkte)). Wobei im Falle eines Sieges von Adrian und zweier Friedensschlüsse an 1 + 2 Adrian aufgrund der Buchholzwertung angeblich 5. geworden wäre (so wurde es mir zumindest zugetragen). Aber erst einmal mußte Adrian seine Partie gewinnen! Was keineswegs klar war, so wurde die Eröffnungsphase wie üblich beidseitig ungenau behandelt, und im Mittelspiel ging es dann erst richtig los mit dem Austausch fehlerhafter Komplimente, so konnte zunächst Schwarz klaren Vorteil erlangen und bereits im nächsten (15.) Zug wieder Adrian … . Und auch nach 17. … Le4:? …

… hätte er mit 18.Tac1 vielleicht bereits gewinnen können – denn Schwarz hätte jetzt erst Tfe8! (einziger Zug!) finden müssen – nach 19.Dg3 verliert aber Da4? (20.Ld4 Lg6 21.Tc7 Tad8 22.b4), und auch nach 19. … Db3 20.Ld4 Lg6 21.h4 h5 22.Tc7 (usw.) wäre Schwarz eine schwere Zeit bevorbestanden!

So fiel die Entscheidung einige Züge später …

… als Schwarz hier Adrians 23.Tc3!? mit Tad8?? beantwortete – Adrian tauschte die Damen und zog dann Lb6 (was auch sofort möglich gewesen wäre natürlich). Die Verwertung seines Vorteils erwies als noch einfacher als man denken könnte, denn …

… hier ein kleines Ratespiel – was zog Schwarz hier!? Ja, richtig erkannt! „Natürlich“ …

… 28. … Lc4? ! Und nach dem eh erzwungenen 29.Tc4: nahm sie auch noch gleich auf c4 zurück … . Und mit 2 Figuren mehr gegen keine dauerte es zwar noch fast 30 Züge, aber immerhin …

55.Dh1#

… „schaffte“ es Adrian jetzt nicht, die Partie in der Schlußrunde nochmal durch ein Patt zu ruinieren! Womit er respektable 5,5/7 holte! Und da die Partie an Brett 1 zwischen den dem an 1 gesetzten Nick Brügmann und Ivan Chugunov remis endete, war auf einmal der an 8 gesetzte Ilya Zomartova der lachende Dritte, da er sich mit einem Sieg gegen den an 13 gesetzten, mit 5/5 gestarteten Eduard Rau zum neuen württembergischen U 10-Meister krönte! Wovon Adrian aber – wenn man die Abschlußtabelle genauer studiert – nicht unbedingt profitierte, sondern dies war sogar das schlechteste, was ihm überhaupt passieren konnte! Denn im Falle eines unentschiedens an diesem Brett wäre er 3. gewesen, und hätte Chugunov sogar an 1 obendrein noch gewonnen, wäre es sogar Platz 2 geworden! Das hatte er aber natürlich nicht in der Hand, und so lief er nur aufgrund der schlechteren verfeinerten Buchholzwertung leider „lediglich“ auf Platz 4 ein (bei 32 Teilnehmern) – aber „immerhin“ erreichte Adrian damit auf Anhieb das minimale Maximum – also den letzten Qualifikationsplatz für die deutschen Meisterschaften Mitte Juni in Willingen, für die sich bei den Landesmeisterschaften der U 10 eben jeweils die 4 Erstplatzierten qualifizieren! Und dies gleich bei der 1. Teilnahme! Herzlichen Glückwunsch also zur Qualifikation!

Ganz „nebenbei“ wurde sein Erfolg auch mit einem satten (und größten von allen) Zugewinn von 156 (!) DWZ-Punkten belohnt, so daß er auch in unserer vereinsinternen Rangliste mit einen Sprung um 6 Plätze auf Listenplatz 33 aufgestiegen ist!
Und wenn er weiter fleißig trainiert, ist in Willingen womöglich wieder eine gute Platzierung drin. Vielleicht ja sogar wieder eine bessere :-)!? [GS]