Nachdem ich vorletztes Jahr im Pokal spielen mußte, und letztes Jahr dieses Turnier ausgefallen ist, war es mir ein unbedingtes Bedürfnis, nun endlich wieder daran teilzunehmen, obwohl ja auch unglücklicherweise zugleich die württembergischen Schnellschachmeisterschaften stattfanden … .
Nach der für Turniere nun eben einmal üblichen Verzögerung (dieses Mal vorrangig einem “ Herrn geschuldet, welcher meinte, sich erst noch deutlich nach Anmeldeschluss anmelden zu wollen …“, und weiter „… es handelt sich dabei um einen IM aus Untergrombach, da dürfte ja wohl jeder wissen, um wen es sich handelt …“ – klar! ;-)), wurde neben der Auslosung auch die Stellung für die erste Runde präsentiert:
Start frei für die 1. Runde!
Wie für jedermann gut ersichtlich, versuchten wir uns zu Beginn mit Stellung 119 …
Mein Gegner war ziemlich schnell unterwegs, während ich eher etwas bedächtiger spielte, und daher rasch etwas knapp an Zeit war – oben konnte ich jedoch ein perspektivreiches Qualitätsopfer (20. … Sd5:!) anbringen, wodurch ich die Partie rasch zu meinen Gunsten entscheiden konnte:
46.Tc3:+ Lc3: 0:1
Auch in Runde 2 lief es recht gut für mich:
Hier konnte ich mit 9.Dd4 meine Dame schön ins Spiel bringen …
… und hier mit 18.Dg1 die Drohung Le4 aufstellen …
… um wenig später zu vollstrecken: 30.c4 Sc3 31. Da5: 1:0
Einige Impressionen zwischendurch:
Im Runde 3 traf ich auf einen Gegner, gegen den ich vor drei Jahren bereits gespielt hatte, und nach einem groben Fehler von ihm ganz einfach eine Gewinnstellung erhielt:
14.Le4:?? Lg3:
15.Dd1!? Lh2:+ 16.Kh1
Auf einmal stellte sich für mich heraus, daß das Ganze wohl doch nicht so einfach ist, wie ich zunächst dachte, und verpaßte das starke (und von meinem Gegner erkannte) 16. …f5!, was dem weißen Spiel den Wind aus den Segeln genommen hätte, und entschied mich stattdessen für das aber ebenfalls sehr starke Qualitätsopfer auf e4, Und trotz einiger Ungenauigkeiten von meiner Seite, nach der mein Gegner noch hätte ins Spiel kommen können …
… wie z.B. hier nach 23.e5!, gelang es mir auch hier, meinen Vorteil mehr oder weniger souverän zu verwerten …
35. … f3 0:1
Nach 3 Runden sah es also noch perfekt aus für mich, aber auch alle Favoriten vor mir hatten bis dato alle ihre Begegnungen gewonnen … . Jedenfalls hieß es in Runde 4 dann wieder einmal „Und täglich grüßt das Murmeltier“, also (auf dem Bild oben wohl kaum zu erkennen) IM Mikhail Zaitsev:
Eine entscheidende Begegnung in diesem Turnier wurde also mit Stellung 375 ausgetragen:
Und ausgerechnet hier unterlief mir nun ein Malheur, welches zu vermeiden mir in den Runden zuvor gelungen war – ein Schach 960-typisches Übersehen: 3.d4? …
… welches natürlich prompt bestraft wurde mit 3. … f5! …
Wie nun unschwer zu erkennen, hängen sowohl die Bauern auf a2 und g4 – ich versuchte das Beste daraus zu machen, und es als Bauernopfer zu deklarieren …
… und nach 12.e5 mit unklarer Stellung ( anstelle von 12.b3?!) wäre dies beispielsweise auch der Fall gewesen …
… als auch hier nach 17. … Le6?! (17. … Da3, 17. … c5) …
… wonach zwar 18.d5??, was ich als prinzipielle Antwort auf Le6 geplant hatte, offenkundig nicht geht, aber eben wieder (18.) e5, stattdessen hätte Zaitsev aus 18.Dg3? mit 18. …c5! ordentlich Kapital schlagen können …
19.e5! Jetzt aber!
Mit (berechtigtem!) Remisangebot …
In dieser (völlig unklaren) Stellung nun zog Zaitsev 22. … d5, und ließ an diesem Zug und sich selbst in der späteren Analyse kein gutes Haar, und meinte anders schnell hätte gewinnen zu können (nur wie!?) …
… und natürlich zog ich mein Turm zurück nach e2, was mein Gegner eigener Aussage zufolge völlig außer Acht gelassen hatte …
… und hier nun wagte ich es nicht, bei knapper Bedenkzeit zu versuchen, mit meinem König die Flucht nach vorne anzutreten, was in der Tat auch nicht ganz unproblematisch gewesen wäre, da Schwarz dann über die starke Antwort …
… 25. …g5! verfügt hätte …
… mit der möglichen Folge 26.hg: h4 27.Dg1 Tf4: 28.Sd3 …
… 28. … Dc6!, und Schwarz verfügt über einen nicht zu unterschätzenden Angriff …
… und so ergab sich für mich die Möglichkeit, hier mit 27.e6 (c3?!) die Partie wieder ausgeglichen zu gestalten …
… so jedoch verlor ich in der immer größer werdenden Zeitnot völlig die Kontrolle über die Partie (28.Dd3?) …
… aber auch bei meinen Gegner wurde die Zeit knapp, und seine Züge immer schlechter (29. …Df5?! (Db6+ -+)) …
… 32.Tg3? (Se6! mit Gegenspiel) …
… und sah es hier sogar noch einmal ganz ordentlich für mich aus, verlor ich letzten Endes im Zeitnotgehacke völlig die Übersicht und letztlich auch die Partie 🙁 … .
In Runde 5 ging es dann mit dieser Stellung (729) weiter:
Was Holger wohl in dieser Stellung …
… gezogen hätte!? (f4! :-))
Der Weiße behandelte die Stellung erfreulich zurückhaltend, und so ergab sich für mich hier …
… die Gelegenheit, mit 4. … d5!? die Initiative zu ergreifen …
… worauf ich sehr schnell sehr gut stand, und mein Gegner nicht mehr so richtig weiter wußte (11.De1?!) …
… und ich eine Auswahl an guten Zügen hatte (13. … De7 (e3!?)) …
… und nach 14.Sh3?! (h4) De5 bereits auf Gewinn stand …
… und geschickt mit 15. … a5! den Druck erhöhte …
… und hier mit 17. … Td8 nicht nur meinen Turm ins Spiel brachte, sondern auch noch eine Drohung, welche erfreulicherweise nicht erkannt wurde (18.g4??) …
… sodaß ich hier mit Dd1:+ bereits vollstrecken konnte und meinen Gegner so kurz darauf zur Aufgabe bewegte …
22. …h6 0:1
In Runde fünf fand auch die Schlüsselpartie um den ersten Platz statt:
Jussupow – Zaitsev
Warum sich Spirin im Hintergrund wohl an den Kopf langt!?
Jussupow konnte dieses Duell für sich entscheiden!
Weitere Impressionen aus dieser Runde:
Sehr glücklich verlief für mich dann die sechste Runde, in welcher wir uns an dieser Stellung versuchten (Nr. 682):
Ich begann hier wohl etwas zu forsch …
… 2.b4?! (Se3) …
… aber mein Gegner konnte keinen Nutzen daraus schlagen, sodaß ich Vorteil erlangte, welchen ich hier mit dem genaueren 12.Ta1! (anstelle des direkten Sd7:) hätte ausbauen können …
… so jedoch ergab sich für meinen Gegner die Möglichkeit, hier mit 25. … Ta8! (Kd7) völlig auszugleichen …
… wonach ich mit 26.Dh6 (De3!?) aufs Ganze ging …
… wonach sich mein Gegner hier zunächst noch auf der Höhe des Geschehens zeigte (27. …Kc6!) …
… hier jedoch mit 29. …Dc2? danebengriff, ich mich jedoch im Gegenzug (obwohl ich die starke schwarze Antwort bereits erkannt hatte!) mit
30.Ta1?! (Tf1!) auch nicht gerade mit Ruhm bekleckerte, und dafür auch prompt bestraft wurde (30. …Ta8!), und dann auch noch, obwohl ich erkannt hatte, daß mein Gegner daraufhin das remis erzwingen konnte, zum Turmtausch hinreißen ließ, aber wie ich immer so schön zu sagen pflege, manchmal muß man schlecht spielen, um zu gewinnen, und immerhin hatte ich den möglichen kommenden Fehler meines Gegners bereits erkannt …
… und so schöpfte ich dir bereits erste Hoffnung, daß er auf 32. … Dc2+! (Dd4:+?!) verzichtete, worauf der weiße König schlecht über g3 hätte flüchten können (f4 + -+) …
… und hier wollte mein Gegner wie von mir erhofft 34. … Dh8+?? (mit „Dauerschach“ :-)) ausführen, anstatt aber die Dame auf h8 abzusetzen, stellte er sie nach e5 zurück und nahm stattdessen auf a8! Das veranlaßte mich dazu, etwas zu protestieren … . Mein Gegner nahm darauf auch seinen (2.!) Zug zurück, und gab nach kurzer Überlegung verständlicherweise auf. Damit stand ich bei ordentlichen 5/6, und konnte mir sogar noch Hoffnung auf eine sehr gute Platzierung machen!
Einige Impressionen auch aus dieser Runde (6):
Zum Abschluß des Turniers durfte ich also somit noch einmal an Brett zwei antreten, und zwar in der nachfolgenden Stellung (# 833) gegen den „verspäteten“ IM Spirin …
1.f4 b6
Hier befürchtete ich, nach 2.f5!? (e3) bereits sehr schlecht zu stehen, was aber nicht zutreffend gewesen wäre …
… aber auch so landete ich in einer „Beamtenmikadostellung“, in welcher also derjenige verliert, der sich zuerst bewegt: ziehe ich hier den Springer f7, so folgt stark Se5, und ziehe ich ihn nicht, stehe ich auch schlecht! Ich entschied mich also, eine analoge Idee aus der Partie Setzer-Albrecht (württemb. A-Jugendweltmeisterschaft 1991) anzuwenden, also 14. …Ka6!? (dort geschah Kh6) …
… wobei ich bereits in Betracht gezogen hatte, daß mein Gegner sich recht bald zu 16.Df1 animiert fühlen könnte (worüber er seinen Ärger später gar nicht mehr zurückhalten konnte („… das war ja völlig verloren …“ – 16.e4!) …
… und ich den Rückzug (17. … Kb7) bereits eingeplant hatte …
… worauf sich für mich nach 18.d4 die Möglichkeit zu einem interessanten, potentiellen Bauernopfer ergab:
18. … c4!?. Ich zog jedoch das solide 17. … Sd6 vor, was auch c4 „droht“, weshalb mein Gegner auf c5 tauschte …
… sodaß ich hier bereits das Schlimmste überstanden hatte, und nach 22.Ld4 …
… sogar 22. …Td5!? (a6) hätte spielen können …
… und wie es eben einmal so oft in diesen Fällen ist, ist es für den Spieler, der sich bereits auf der Siegerstraße wähnte, schwierig, auf die Bremse zu treten, und so begann auch hier mein Gegner, beginnend mit 24.Dc4?! den Bogen zu überspannen …
… wohl nicht zuletzt auch deshalb, weil der das starke 25. … b5! außer acht gelassen hatte! Nach reiflicher, einige Minuten kostender Überlegung zog er schließlich seinen Springer nach b2 zurück …
… es folgte 26. … Lc5 (Sb8!?) …
… und kurz darauf, nach weiteren Ungenauigkeiten/ Fehlern war die Stellung für Weiß bereits kaum noch zu halten (30. …Sf6) …
… sodaß es wenig verwunderte, das Weiß der erste Bauer abhanden kam …
… von dem Schwarz sich zunächst auch nicht mehr trennte (dank des coolen 35. …Th8!) …
… und 4 Züge später zeigte sich, daß dies auch gut so war (39. …h5!) …
Lauf Forrest lauf … 🙂
Und trotz einiger verzweifelter Versuche meines Gegners und beiderseitiger knapper Bedenkzeit griff ich nicht mehr fehl …
53. …Kd8 0-1
Am Ende hatten wir noch beide 27 Sekunden …
Damit beendete ich das Turnier mit doch recht ordentlichen 6/7!
Da Jussupow an Brett 1 gegen Gheng gewonnen und somit 6,5/7 hatte, war klar, daß der Meistertitel futsch war – aber wenigstens war es im schlechtesten Fall ein geteilter zweiter Platz! Nachdem Günthner an Brett 5 gegen Gurevich remis gespielt hatte, entschied sich mein Schicksal an Brett 3:
Wie man aus dem Bild erkennen kann, ist die Stellung eigentlich recht klar remis – zudem besitzt Weiß noch 1 min 32 gegen 23 Sekunden! Da ich aber in diesem Moment gar nicht verstand, um was es in dieser Partie für m i c h eigentlich ging und ich diese Stellung sowieso für völlig uninteressant hielt, wandte ich mich von ihr ab … . Und das unglaubliche geschah: der Weiße schaffte es doch tatsächlich, diese Stellung noch zu verlieren!! 
Damit hatte auch der Schwarze (Rosner) dieser Partie auf einmal 6 Punkte! Ich war mir aber dennoch ziemlich sicher, daß ich die bessere Buchholzwertung besitzen müßte … .
Dann kam die Siegerehrung – nächst die Mannschaftswertung, dann die Kategorienpreise …
Zu guter Letzt wurden die Erstplatzierten aufgerufen, und als angekündigt wurde, daß den drittplatzierten vom zweitplatzierten nur ein halber Buchholzpunkt trennt, dachte ich doch tatsächlich noch, daß es doch überraschend verdammt knapp geworden wäre für meinen zweiten Platz, hatte ich doch sowohl gegen Zaitsev als auch Spirin gespielt, und meine Gegner aus Runde 5 und 6 beide 5 Punkte geholt … . Ich war völlig entgeistert, als mein Name zuerst ausgerufen wurde … . Aber wie aus der Abschlusstabelle ersichtlich ist, wurde ich tatsächlich höchst unglücklich „nur“ Dritter!
Das tut schon irgendwie weh – ich meine, alleiniger 2. Platz hinter Jussupow, mal ehrlich, das hätte sich doch noch bedeutend besser angehört!? Daß wäre für mich ok gewesen … . Oder wenigstens überhaupt 2. Platz … . Und hätte ganz nebenbei auch noch 100 Öcken mehr gebracht … ;-).
Naja, hat halt eben nicht sollen sein … . Und letztlich bin ich dann dennoch ganz zufrieden … :-))!
Und außerdem war es ja schließlich auch besser, als das lauffener Abschneiden bei der Konkurrenzveranstaltung 😉 … .
Abschließend noch der Link zum Bericht der Waldbronner.